8. | Herbert Hohenemser (4.Joseph2, 1.Ludwig1) wurde geboren 21 Sep 1915, Mannheim, Baden-Württemberg, Deutschland; gestorben 04 Jun 1992, München, Bayern, Deutschland. Weitere Ereignisse:
- Occupation/Beruf: Theaterkritiker beim Münchner Mittag
- Occupation/Beruf: um 1947, München, Bayern, Deutschland; Kulturredakteur des Münchner Merkur
- Occupation/Beruf: von 1956 bis 1972, München, Bayern, Deutschland; Kulturreferent der Landeshauptstadt München
- Lebenslauf: Herbert Hohenemser wurde am 21 September 1915 als Sohn von Joseph und Leopoldina Hohenemser im badischen Mannheim geboren. Als 19jähriger Student kam er nach München. Ein Verlag gewährte ihm während des Krieges Unterschlupf, als er wegen seiner jüdischen Vorfahren Verfolgung fürchten musste. 1944 allerdings wurde er zum Arbeitseinsatz in der Rüstungsindustrie abkommandiert. Ein Jahr nach Kriegsende kehrte Hohenemser nach München zurück und half dort, den "Münchner Merkur" mit zu gründen. Er wurde Feuilletonchef dieser Zeitung und blieb es 1956. In diesem Jahr bot ihm die SPD, deren Mitglied er 1952 geworden war, das Amt des Kulturreferenten der Stadt München an, das er bis 1975 innehatte und als dezidierter Liberaler führte.
Herbert Hohenemser starb am 4. Juni 1992 in München.
Notizen:
Quellen:
Stammtafeln Rothschild-Rothfels, Erwin W. Ebert, 1930, JMH;
Original-Datenbank Loewengard
SPD-Stadt im CSU-Glanz
Porträt des Münchner Kulturreferenten Herbert Hohenemser Von Gisela Brackert
(in: Die Zeit, 16.4.1971)
Im Vergleich mit seinen Kollegen in anderen westdeutschen Großstädten ist Herbert Hohenemser, der Münchner Kulturreferent, ein armer Mann. Mit nur 24 Millionen Mark im Haushalt 1970 liegt der Kulturetat der bayrischen Metropole beinahe um die Hälfte unter den Etats von Frankfurt oder Köln, von Städten also, die gut 500 000 Einwohner weniger zählen als die inzwischen auf 1 3 Millionen angewachsene „heimliche Hauptstadt" des neudeutschen Rumpfstaates. Auf der anderen Seite wird niemand behaupten wollen, daß ausgerechnet in München die Künste ein Schattendasein führten; 22 Theater, 3 Kabaretts, l Singspiel, 26 Museen und Sammlungen, 3 große Orchester, 64 Lichtspieltheater, berühmte Bibliotheken, angesehene Buchverlage, traditionsreiche Akademien und überfüllte Hochschulen sichern München einen Spitzenplatz auf der Liste der bundesdeutschen Kultur- und Bildungszentralen. Premieren, ob Strauss in der Staatsoper, Mozart im Cuvillies Theater, die „Lustige Witwe" am Gärtnerplatz, der „Coriolan" im Residenztheater oder Ödön von Horvath in den Kammerspielen, funktionieren noch immer als gesellschaftliche Treffpunkte und dürfen als künstlerische Ereignisse der Aufmerksamkeit aller Theaterfreunde sicher sein. Die Opernfestspiele („Es wird gebeten, auf den festlichen Charakter der Aufführungen Rücksicht zu nehmen. Besucher in nicht entsprechender Kleidung müssen abgewiesen werden") haben internationales Renommee und locken nicht nur die Honoratioren aus dem bayrischen Hinterland, sondern auch Tausende von Ausländern in das sommerliche München. Die Museen und Sammlungen sonnen sich im Glanz ererbten Ruhms und können es sich leisten, beim Wettlauf um die jüngste Moderne die Letzten zu sein. Wozu sich durch Pop Art ins Gerede bringen, wenn ohnehin feststeht, daß München die bedeutendste Museumsstadt Deutschlands ist?
Mit 24 Millionen Mark jährlich wäre dies alles nicht im entferntesten zu unterhalten. Des Rätsels Lösung ist denn auch, daß der Kulturetat der Stadt München mit dem, was man das Kulturleben dieser Stadt nennt und was durch die genannten Institutionen in seiner imponierenden Fülle markiert ist, nichts oder doch nur sehr wenig zutun hat. Städtisch nämlich sind in der langen Liste der Münchner Kulturbastionen nur die Kammerspiele mit dem ihnen angeschlossenen Werkraumtheater, das Stadtmuseum, die Städtische Galerie im Lenbach Haus und schließlich die Münchner Philharmoniker.
Alles andere ist staatlich bayrisch, das heißt, es fällt in die Zuständigkeit des „Bayerischen Staatsministers für Unterricht und Kultus", der, historisch gesehen, als Rechtsnachfolger der Wittelsbacher fungiert, jenes kunstliebenden Herrscherhauses, dem München sein hauptstädtisches Äußeres und die Erhebung in den kulturellen Adelsstand verdankt.
Politisch gesehen heißt das nun freilich nichts anderes, als daß im SPD regierten München die Kultur fest in den Händen der CSU ist. Ein Umstand, der dem Publikum kaum bewußt wird und auch den Sozialdemokraten vermutlich nicht ganz ungelegen kommt, da sie auf diese Weise der leidigen Frage nach den mehr kulinarischen oder mehr, aufklärerischen Qualitäten des kulturellen Oberbaus mit der Gelassenheit des Nichtbetroffenen begegnen können, im übrigen aber von dem Renommee profitieren, das ein im höchsten Maße auf Kunstgenuß und Qualität, auf große Namen und schöne Stimmen angelegtes Kulturleben der von ihnen regierten Stadt einbringt.
Mögen sich andere über die Berufungspolitik und Stammtischkontakte der Herren vom Salvatorplatz die Haare raufen und das Maul zerreißen — am Rindermarkt, dem Sitz des Städtischen Kulturdezernats, handelt man nach dem Satz, daß München zu klein sei für ganz große Streitigkeiten, und hält auf gute Nachbarschaft. Wenn, Gegenpositionen eingenommen werden — und gelegentlich läßt sich das nicht vermeiden —, so geschieht das im Münchner Kulturdezernat auf diplomatischem, das heißt auf kaltem Wege. Als der Münchner Kunstverein, eine von Staat und Stadt gleichermaßen unzureichend bezuschußte Institution, im vergangenen Jahr durch eine bewußt provokant inszenierte Ausstellung die öffentliche Diskussion über die Vorgänge an der Münchner Akademie erzwingen wollte, das attackierte Kultusministerium jedoch mit der Drohung, seine Zuschüsse für das nächste Jahr zu streichen, die unbotmäßige Schau vorzeitig zu Fall brachte, reagierten die Kunstvereinsträger von der anderen Couleur prompt, aber vergleichsweise lautlos mit der Zusage, ihrerseits den Etat für 1971 zu erhöhen.
Derart elastisches Verhalten ist in einem Land, in dem die kämpferischsten Naturen die angesehensten sind, ein fremder, ja ein irritierender Ton. Und Herbert Hohenemser ist in der Tat kein Bayer. 1915 im badischen Mannheim geboren, kam er als 19jähriger Student nach München, wo Leute, die wie er keine arische Großmutter nachweisen konnten, schon nicht mehr sehr willkommen waren. Ein Verlag gewährte ihm während des Krieges Unterschlupf. 1944 allerdings mußte er diesen Platz mit den Drehbänken in Hitlers Rüstungsindustrie vertauschen. Ein Jahr nach Kriegsende kehrte Hohenemser nach München zurück, half dort den Münchner Merkur mitgründen, wurde Feuilletonchef dieser Zeitung und blieb es, bis ihm 1956 die SPD, deren Mitglied er 1952 geworden war, das Kulturreferat der Stadt München anbot. Nach vierzehnjähriger Amtszeit ist Hohenemser im Mai 1970 für weitere fünf Jahre bestätigt worden.
Hohenemser genießt das Vertrauen seiner Partei. In der Öffentlichkeit jedoch hat der verbindliche Intellektuelle, der das Rollkragenhabit des Liberalen der bodenständigen Lodenkleidung vorzieht, weniger Verehrer, allerdings auch wenig dezidierte Gegner
Herbert — Anneliese Giers. Anneliese wurde geboren 13 Aug 1916; gestorben Apr 1986. [Familienblatt]
Kinder:
- 14. Silvia Hohenemser wurde geboren 15 Mai 1942, München, Bayern, Deutschland; gestorben 15 Dez 2010, München, Bayern, Deutschland.
- 15. Henri Hohenemser wurde geboren 16 Okt 1946, München, Bayern, Deutschland; gestorben 5 Sep 2014, Gießen, Hessen, Deutschland.
- 16. Lebend
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Herbert heiratete Lebend [Familienblatt]
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